Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch
Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft (§ 263 Abs. 1
StGB).
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat zu diesem Tatbestandsmerkmal in seiner Entscheidung vom 26.04.2011 (AZ: 4 StR 439/00) ausgeführt:
"Die Täuschungshandlung besteht nach dem Wortlaut des Gesetzes in der Vorspiegelung falscher oder in der Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen. Als Tatsache in diesem Sinne ist nicht
nur das tatsächiich, sondern auch das angebliche Geschehene oder Bestehende anzusehen, sofern ihm das Merkmal der objektiven Bestimmtheit und Gewißheit eigen ist (Cramer in Schenke/Schröder StGB
26. Aufl. § 263 Rdrı. 8 m_N.). Hiernach ist die Täuschung jedes Verhalten, das objektiv irrefühıt oder einen Irrtum unterhält und damit auf die Vorstellung eines anderen einwirkt (Trondle/Fischer
StGB 50. Auft. § 263 Rdn. 6; Cramer aaO Rdn. 11; Lackner/Kühl StGB 23. Aufl_ § 263 Ron. 61+. Dabei ist in Rechtsprechung und Literatur ailgemein anerkannt, daß außer der ausdrücklichen Begehung,
namentlich durch bewußt unwahre Behauptungen, die Täuschung auch konkludent erfolgen kann, nämlich durch irrefuhrendes Verhalten, das nach der Verkehrsanschauung als stillschweigende Erklärung zu
verstehen ist (Tröndle/Fischer aaO Rdn. 7; Lackner/Kühl aaO Rdn 7). Davon ist auszugehen, wenn der Täter die Unwahrheit zwar nicht expressis verbis zum Ausdruck bringt. sie aber nach der
Verkehrsanschauung durch sein Verhalten miterklärt (Cramer aaO Rdn. 14; Lackner in LK 10. Aufi. § 263 Rdn. 28)."
Allerdings ist hierbei auch zu berücksichtigen, wie sich der Getäuschte verhalten hat. Denn auch hier hat der BGH schon sehr früh in seiner Rechtsprechung entschieden, es gehöre nicht zum
Betrugstatbestand sorglose Menschen gegen die Folgen ihrer eigenen Sorglosigkeit zu schützen (BGHSt 3, 99,103).
Auch ein auf den ersten Blick "verkehrsgerechtes Verhalten" kann dabei das Tatbestandsmerkmal der Täuschung erfüllen, nämlich dann, wenn der Täter es mit der eigentlich richtigen Erklärung
geradzu planmäßig
darauf anlegt einen Irrtum bei den angesprochenen Verkehrskreisen zu erregen. D.h. die Irrtumserregung ist in solchen Fällen nicht die Folge der täuschendne Handlung, sondern der Zweck derselben.
Der Täter will die Unaufmerksamtkeit seiner Opfer gerade für seine Zwecke ausnutzen. Dies ist zum Beispiel bei dem sogenannten Offertenschwindel der Fall, der häufig im Zusammenhang mit Handelsregistereintragungen erfolgt. Hier erwarten die Unternehmer den Zugang der Bestätigung der
Eintragung und die entsprechende Kostenrechnung. Statt des Schreibens des Gerichts erhalten Sie das Angebot des Täters, häufig so aufgemacht, dass bei flüchtiger Betrachtung der Eindruck
entsteht, dies sei "amtlich" oder die Firma handele "für das Amt". Das das Schreiben bei vollständiger Kenntnisnahme nur ein Angebot enthält und oftmals auch mit Kosten für die Folgejahre
verbunden ist, wird dabei überlesen.
Der Geschädigte muss aufgrund der Täuschungshandlung einem Irrtum erliegen, der ihn zu der Vermögens-verfügung veranlasst, wobei unter dem Begriff der schadensgleichen Vermögensgefährdung sogar
die Gefährdung schon ausreichend ist.
Hier stellt sich die Frage, muss das Gericht den Irrtum in der Hauptverhandlung ausdrücklich feststellen, oder kann von der Täuschungshandlung und dem Vermögensschaden auf den Irrtum geschlossen werden.
Dies hängt - wie häufig bei rechtlichen Fragen - vom Einzelfall ab. Bei routinemäßigen Abläufen die zudem in gleicher Form und massenhaft vorkommen, darf der Tatrichter die Erregung des Irrtums als Indiztatsache behandeln und damit unterstellen, er muss die Geschädigten nicht als Zeugen befragen, ob diese sich geirrt haben.
Solche routinemäßigen und zahlreichen Betrugsfälle können in der Hauptverhandlung auch durch Ver- nehmung weniger Zeugen abgehandlet werden, die jeweils zu ihrer irrtumsbedingten Fehlvorstellung befragt werden. Das Gericht kann dann den Schluss ziehen, dass auch bei den anderen (weiteren) Zeugen ein Irrtum vorlag (siehe BGH Urteil vom 22.05.2014, AZ: 4 StR 430/13).
Hieraus folgt, dass in Fällen, die einen eher außergewöhnlichen Lebenssachverhalt zum Gegenstand haben, auch die Feststellung zu treffen ist, dass der Geschädigte sich geirrt hat.
Der Vermögensschaden wird nach dem sogenannten Prinzip der Gesamtsaldierung beurteilt. Dies ist erfor-derlich, um auch solche Betrugsfälle zu erfassen, bei denen ein Austauschgeschäft zu Grunde liegt (also z.B. ein Kauf). Es kommt also darauf an, dass bei dem
Verfügenden eine Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwertes eintritt, die nicht durch einen zugleich mit der Verfügung eintretenden Zuwachs ausgeglichen wird (Prinzip der
Kompensation).
Aufgrund dieser Systematik stellt die Täuschung über den Verkehrswert einer Sache im Rahmen eines Austauschgeschäfts, die dann im Rahmen des Irrtums über den Wert zu einer Vermögensverfügung
führt eben auch einen Betrug dar.
Liegt kein Austauschgeschäft vor, d.h. es kommt kein Vermögenszuwachst vor, reicht der Verlust von Vermögenswerten aus. Dies kann durch Verlust von Eigentumsrechten sein, aber auch der Verlust
des Besitzes oder ein Rechtsverlust genügen hier schon.
Unter dem von der Rechtsprechung und der Literatur entwickelten Begriff der "schadensgleichen" Vermögensgefährdung soll bereits die Gefährdung ausreichend sein. Ein solcher Gefährdungsschaden
setzt aber eine konkrete Vermögensgefährdung voraus, dh. das zum Zeitpunkt der täuschungsbedingten Verfügung die Gefahr der Vermögensminderung so groß ist, dass bereits zu diesem Zeitpunkt von
einer objektiven Minderung des Vermögens auszugehen ist.